++ EIL ++
  • Andreas Zweigler (78), Gerd Ulbricht (65) und Ellen Schaller (60, v.l.) haben für das 55-Jährige Jubiläum die schönsten Stücke aus den letzten Jahren herausgesucht.

55 Jahre Kabarett und das Geheimnis der weißen Elefanten

Zuletzt aktualisiert:

Die Stühle sind noch leer, auf der Bühne wird geprobt. Zwischen den Reihen sitzen drei Gesichter, die das Chemnitzer Kabarett geprägt haben: Andreas Zweigler (78), Gerd Ulbricht (65) und Ellen Schaller (60). In den Händen halten sie das Programmheft zum Jubiläum „55 Jahre drunter und drüber“ – und kramen in Erinnerungen.

Geschichten voller Spitzfindigkeiten

Gerd Ulbricht lacht noch heute, wenn er an die Geschichten und Anekdoten denkt, die die Kabarettisten in der DDR erlebt haben. „Sie mussten jedes neue Programm vorspielen und haben mit Absicht Sachen eingebaut, von denen man sicher war, dass sie gestrichen würden. Mit diesen sogenannten weißen Elefanten retteten sie andere Passagen“, sagt Ulbricht, der seit 1992 auf der Bühne steht. Das Publikum war geübt im Lesen zwischen den Zeilen. Ulbricht ergänzt: „Damals reagierte das Publikum auf jede feine Andeutung. Heute braucht es eine derbere Wortwahl.“

55 Jahre. Ein Jubiläum mit Verspätung

Das große Jubiläum zum 50. konnte nicht stattfinden. Hinter den Masken hätte man kein Lachen, kein Lächeln sehen können. Nun also die Schnapszahl: 55 Jahre Kabarett in Chemnitz. Passend dazu läuft das Programm „55 Jahre drunter und drüber“. Ab Mittwoch (10. September) steigt das Ensemble gemeinsam in den Keller der Markthalle hinab und feiert sich mit Szenen und Liedern aus fünf,fünf Jahrzehnten.

Von Studenten zum Berufstheater

Die Wurzeln des Kabaretts reichen ins Jahr 1970. Ein paar Studentinnen und Studenten der TU Karl-Marx-Stadt schoben Texte zusammen, probten in Hörsälen und traten irgendwann öffentlich auf. Das erste Programm hieß: „Man wird nicht als Student geboren.“ Aus der Laune wurde ein Berufstheater. Unter dem Namen „Lachkartenstanzer“ ging es durch die DDR, später folgte die Privatisierung.

Klassiker und Kult

171 Stücke sind in den letzten Jahrzehnten entstanden. „Der Nächste bitte!“ lief fast zehn Jahre in mehr als 400 Vorstellungen. Und auch der „Nadel-unter-die-Schlinge-Zwerg“ fehlt seit 30 Jahren in keinem Weihnachtsprogramm.

Heute und morgen

Beim Jubiläum stehen alle sechs Ensemble-Mitglieder gleichzeitig auf der Bühne im Keller der Markthalle – eng wird’s also. Mit dabei auch die nächste Generation wie Paul Ulbricht, Bettine Zweigler und Martin Berke. Gemeinsam tragen sie die Tradition weiter.

55 Jahre Kabarett in Chemnitz – und noch immer gilt: Wer lacht, sitzt nicht allein im Keller.